27. September 2022
IT an der Schule

IT an der Schule – wer soll’s machen?

Tanja Lübbers begleitet als Digitalisierungslotsin mit dem Beratungsunternehmen conceptk Schulen und Schulträger dabei, zum Lernort der Zukunft zu werden. Wir haben sie gefragt, wie Hard- und Software in die Klassen kommt, wer sich um Netzwerk, Apps und Endgeräte kümmert und was sich letztlich an unserem Bildungssystem ändern muss.

Wie kommt die IT am besten in die Schulen?
TANJA LÜBBERS: Die Lebenswelt der Lernenden sollte sich in der Schule widerspiegeln. Und die dreht sich zunehmend um Digitales. Eigentlich geht es um das passende Werkzeug: Statt den Duden aus dem Regal zu ziehen, suchen wir heute online nach der richtigen Schreibweise eines Wortes. Unser Werkzeug hat sich verändert, und es sollte auch in der Schule gebraucht werden.

Statt schwere Schulranzen also lieber ein Notebook oder Tablet?
Ja, nur reicht das nicht aus. Digitale Medien haben einen größeren Mehrwert als das geringere Gewicht im Vergleich mit einer Schultasche voller Bücher und Hefte. Sie dienen als individueller Lernbegleiter, können helfen, Aufgaben individuell an die Schüler:innen zu verteilen oder aber gestellte Aufgaben unterschiedlich zu bearbeiten. Zudem sind sie Hilfsmittel für Recherche, Rechtschreibung und das Erstellen unterschiedlichster Dokumente. Ein Wertzuwachs im Lernen für Lehrende und Lernende gleichermaßen. Denn der Gebrauch digitaler Endgeräte macht nur dann Sinn, wenn nicht nur ein bloße Adaption passiert, sondern auch eine neuartige Form von kollaborativem Zusammenarbeiten entsteht, die ohne digitale Hilfsmittel nicht denkbar gewesen wäre.

Die Art zu unterrichten, muss sich also ändern?
Definitiv. Das fordert der Wandel der Berufswelt. Auf selbständiges und eigenverantwortliches Lernen muss viel mehr Wert gelegt werden. Und damit meine ich nicht das Bearbeiten von Hausaufgaben am Nachmittag. Schule als Institution und die Lehrkraft muss sich verändern. Das bedingt zunächst, dass diese Tatsache von allen Beteiligten erkannt werden muss und dann auch Raum geschaffen wird, diese Veränderungen vollziehen zu können.

Was heißt das für Lehrende konkret?
Die Rolle der Lehrkraft muss sich wandeln: Vom reinen Wissensgeber hin zum Lernbegleiter. Die Lehrenden müssen individueller auf jedes Kind eingehen, es fördern. Die Frage muss also lauten: Was können wir tun, um souveräne, kritisch denkende Menschen für eine Zukunft auszubilden, von der wir nicht wissen, wie genau sie aussieht und welche Kompetenzen unsere Kinder brauchen, um in genau dieser Zukunft gut leben zu können?

Was brauchen Lehrende dazu?
Medienkompetenz muss einen verbindlichen Einzug in die Lehrer:innenausbildung und in deren Alltag finden. Die Methodenkompetenz hat auch heute noch Bestand. Aber es braucht mehr Raum, um diese Didaktik, das in den Blick nehmen
jedes Einzelnen, das Beachten von unterschiedlichen Lern-Tempi, auch ermöglichen zu können. 45 Minuten Taktungen, ständige Raumwechsel, überfrachtete Lehrpläne, zu viele Lernende auf zu wenig Raum sind dabei die größten Hindernisse.

Wie können Schulträger oder Schulleitungen Lehrende unterstützen?
Beide können eine richtungsweisende Rolle einnehmen. Schulleitungen etwa, indem sie medienpädagogische Leuchtturm-Projekte einzelner Lehrender im Plenum vorstellen und aktiv diejenigen unterstützen, die sich um Digital-Fortbildung kümmern sowie ihre Rolle bereits als Lernbegleiter verstehen: Zum Beispiel, indem sie sie von anderen zusätzlichen Aufgaben befreien.

Wie zum Beispiel?
Was ich oft an Schulen erlebe, ist, dass diejenigen Lehrenden, die IT-fit sind, sich gleichzeitig als Netz- werk-Administrator, Webmaster und IT-Support verstehen oder dazu gemacht werden. Das ist nicht deren Aufgabe, sondern die von IT-Administratoren des Schulträgers. Alle Lehrkräfte, die die Schulentwicklung vorantreiben, sollten möglichst viel Raum erhalten, dies auch zu tun. Häufig können Leuchtturm-Projekte Lernende nachhaltig begeistern und zur Freude an Unterricht und Schule beitragen.

Neben Medienkompetenz braucht es eine passende Infrastruktur …
Klar: Digitale Arbeitsgeräte sind wichtig. Aber starten müssen wir damit, dass es an allen Schulen WLAN gibt. Und das fehlt öfter als gedacht. Eine zentrale Aufgabe der Schulträger ist es, ganz wie es
der DigitalPakt unterstützt, eine funktionierende und stabile Infrastruktur zu schaffen. Danach kommen die Endgeräte. Aber auch damit ist es lange nicht getan.

Heißt?
Schule muss zu einem Ort werden, an dem sich Lernende und Lehrende gerne aufhalten. Viele unserer Schulgebäude sind aber Orte, wo sich niemand länger aufhält als zwingend notwendig. Das muss sich ändern. Dazu sind weitere Förderun- gen und Investitionen notwendig. Und wichtig ist, dass bei jeder Schulentwicklungsplanung, ob Neubau, Umbau, Brandschutzsanierung oder Ganztagsausbau sich jetzt schon die richtigen Gedanken über die zukünftigen Bedarfe und mögliche Nutzungsveränderungen gemacht werden.

 

Tanja Lübbers ist Medienpädagogin und Beraterin bei „conceptk“. Für das Regensburger Unternehmen begleitet sie bundesweit Schulen, Schulträger, Lehrende und Lernende bei der Digitalisierung – von Infrastruktur über Raumgestaltung bis hin zum passenden pädagogischen Konzept. Ihr Ziel: Schulen zum Lernort der Zukunft zu machen, die den digitalen Alltag der Lernenden von morgen schon heute abbilden.