Projektbasiertes Lernen (PBL) – ein alter Hut?

15. Mai 2024

Inhaltsverzeichnis

PBL Rakete - conceptk und Projektbasiertes Lernen

Wie PBL dabei helfen kann, „schokoladenüberzogenen Brokkoli“ zu vermeiden

Im Gegensatz zu Unterrichtsprojekten und Projektwochen ist das Projektbasierte Lernen (PBL) in Deutschland wenig verbreitet. Das mag am engen Rahmen des deutschen Schulsystems liegen. Ein Blick nach Dänemark eröffnet da vielleicht neue Horizonte.

Der dänische Autor und Mitbegründer des Klimazirkus (klimazirkus.net), Søren Peter Dalby Andersen, unterstützt Schulen bei der Umsetzung von PBL in ihrem Unterricht, mit Schwerpunkt auf den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (BNE). Projektbasiertes Lernen ist ein Unterrichtskonzept, bei dem die Projektarbeit im Mittelpunkt steht. Doch Projekte sind nicht gleichbedeutend mit PBL, dem am ehesten fächerverzahnte Projektzeiten mit von Schüler:innen selbstbestimmten Inhalten nahestehen. Zur groben Unterscheidung kann die unten stehende Gegenüberstellung dienen. Bei PBL geht es im Wesentlichen darum, den Unterricht authentischer und interdisziplinärer zu gestalten. Der Unterricht gipfelt immer in einem Produkt, für dessen Erstellung die Schüler:innen Themen benötigen. Außerdem sollte der Unterricht einen klaren Zweck haben, damit die Schüler:innen erkennen können, warum sie das lernen sollen, was sie lernen sollen. Und Projekte enden immer mit einer Ausstellung. Wir haben Søren zur Aktualität des PBL befragt:

Sören, wie kann PBL helfen, bei jungen Menschen die Kompetenzen zu entwickeln, um in der digitalen und komplexen Welt zu bestehen und sie mit Freude und Kreativität zu gestalten?

Dalby Andersen: In Dänemark haben wir in den vergangenen 15 Jahren viel Zeit damit verbracht, Technologie in Schulen einzuführen. Und wir haben viele Fehler gemacht. Generell würde ich sagen, wenn wir uns zu sehr auf die Technologie um der Technologie willen konzentrieren, dann erlebe ich das, was ich „mit Schokolade überzogenen Brokkoli“ nenne. Mit „schokoladenüberzogenem Brokkoli“ ist im Zusammenhang mit Technologie in der Schule die Praxis gemeint, Technologie zu nutzen, um Bildungsinhalte auf eine Art und Weise zu vermitteln, die oberflächlich betrachtet vielleicht ansprechend oder attraktiv erscheint, der es aber an sinnvoller Integration oder pädagogischem Wert mangelt.

Der Begriff deutet darauf hin, dass Technologie zwar visuell ansprechend sein und die Aufmerksamkeit der Schüler:innen auf den ersten Blick wecken kann, dass sie aber, wenn sie nicht durchdacht oder im Einklang mit den Bildungszielen eingesetzt wird, genauso unbefriedigend und nährstoffarm sein kann wie Brokkoli mit Schokoladenüberzug. In Bezug auf die Technologie in der Schule hebt das Konzept hervor, wie wichtig es ist, sicherzustellen, dass die Integration von
Technologie echten Bildungszwecken dient und nicht nur eine oberflächliche Ergänzung ist. Es unterstreicht die Notwendigkeit für Pädagog:innen, kritisch zu bewerten, wie Technologie im Klassenzimmer eingesetzt wird, um sicherzustellen, dass sie die Lernergebnisse verbessert und das Bildungswachstum der Schüler effektiv unterstützt.

Dies bedeutet, dass Faktoren wie die Relevanz der Technologie für den Lehrplan, ihr Potenzial zur Erleichterung des aktiven Lernens und der Zusammenarbeit sowie ihre Übereinstimmung mit pädagogischen Grundsätzen berücksichtigt werden müssen. Im Wesentlichen warnt die Idee des „schokoladenüberzogenen Brokkoli“ davor, Technologie als bloße Spielerei oder Ablenkung im Unterricht einzusetzen, und betont die Bedeutung einer durchdachten, zielgerichteten Integration, um den Nutzen für das Lernen der Schüler:innen zu maximieren.

PBL in Kombination mit Technologie gibt einer Schule und den Lehrer:innen die Möglichkeit, sich auf die Schulentwicklung und die Didaktik zu konzentrieren und nicht nur auf die Implementierung von Technologie.

PBL - Tabelle zu Projektbasiertes Lernen von conceptk

PBL-Rakete Implementierung von PBL in einer Schule

Wenn eine Schule entscheiden muss, auf welchem Niveau sie PBL implementieren möchte, dient der folgende Prozess als Ausgangspunkt für einen Testballon. Anschließend finden Diskussionen über didaktische Erfahrungen und Herausforderungen statt. Das Personal führt eine Evaluierung durch und identifiziert die nächsten Schritte. Die Schulleitung und eine Gruppe von Lehrervertretern ziehen Bilanz aus der Evaluation und der Weltcafé und legen die nächsten Schritte für die Schule.

PBL Rakete - Schritt 1, Schulleitung und PBL-Vision an der Schule

Schulleitung und PBL-Vision an der Schule

  • Plan für organisatorische Veränderungen
  • Implementierungsplan
  • Plan zur Kompetenzentwicklung des gesamten pädagogischen Personals
  • Plan für PBL-Piloten

Für größere Schulen empfehlen wir, dass Vertreter:innen aus jedem Team zusätzliches Training in PBL und Planungsprozessen erhalten, um ihre Teams zu unterstützen. Wir bieten Schulungen für PBL-Piloten an, die über KlimaZirkus durchgeführt werden können.

 

PBL Rakete - Schritt 2Mitarbeiterschulung

  • Es wird ein Planungstag durchgeführt, bei dem alle Einblicke in PBL erhalten.
    – Die Schulleitung setzt die Rahmenbedingungen
    – Es wird ein PBL-Kurs über verschiedene Workshops geplant.
  • Projektrekonstruktion.
    – Es wird ein Workshop abgehalten, bei dem die Teams der Schule miteinander interagieren und ihre Projekte verfeinern.

 

 

 

PBL Rakete - Schritt 3Durchführung und Bewertung eines Projektes, an dem die gesamte Schule teilnimmt.

  • Unterstützung durch einen externen Berater oder PBL-Piloten.
    – Es können fachliche Austauschtreffen für die Schulteams stattfinden, die auf verschiedene Weisen gestaltet werden können.
  • Gemeinsame Abschlussveranstaltung.
    – Alle Schüler:innen der Schule präsentieren ihre Arbeiten und Produkte.
  • Bewertung.
    – Die Bewertung umfasst eine „Weltcafé“-Veranstaltung, bei der die Lehrer:innen ihre Projekte einander vorstellen.

 

 

 

 

 

PBL – Workshops ab Herbst

PBL nach dem Konzept von Søren verankert Projekte noch gezielter und nachhaltiger im Lehr- und Lernbetrieb, um darauf aufbauend PBL als didaktisches Instrument für selbstorganisiertes, schülerzentriertes Lernen und fächerverzahntes Lehren zu etablieren. Wer sich für PBL interessiert, dem sei das Buch „Projektbaseret læring og innovation i en aben skole“ von Søren empfohlen, das im Laufe des Jahres in deutscher Sprache erscheint, und die PBL-Workshops, die ab dem kommenden Herbst in Kooperation mit conceptk angeboten werden.

PBL auf der Learntec

Der dänische Autor und Mitbegründer des Klimazirkus (klimazirkus.net) Søren Peter Dalby Andersen unterstützt Schulen bei der Umsetzung von Projektbasiertem Lernen (PBL) in ihrem Unterricht – mit Schwerpunkt auf den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung. Gemeinsam mit conceptk, der Partnerorganisation des PBL-Projektes in Deutschland, wird Søren im Forum school@LEARNTEC in einem Workshop in das Konzept einführen. bildung+ hat den Dalby Anderson zum Workshop befragt.

Søren, was erwartet die Teilnehmer im Workshop auf der LEARNTEC und wie können sie danach PBL in ihrer Schule etablieren?

Dalby Andersen: Es ist ein sehr praktischer Workshop. Wir bauen Murmelbahnen und die Teilnehmer:innen werden in die grundlegende Theorie hinter PBL eingeführt und erfahren, wie die Lehrmethode in ihrem täglichen Unterricht angewendet wird:

  • Der Workshop basiert auf Theorie, Aktion und Reflexion aus dem Buch „Project Based Learning and Innovation in an Open School“.
  • Die Teilnehmer:innen entwickeln konkrete Unterrichtssequenzen, die sie in ihrem eigenen Kontext erproben können.
  • Sie werden in der Lage sein, fundierte didaktische Entscheidungen über die Gestaltung des Unterrichts durch PBL zu treffen.

 

Der Workshop zum Thema Projekt Basiertes Lernen (PBL) findet am 5.6.24 von 10 bis 13 Uhr im school@Learntec Forum Panel A statt. 

Da die Anzahl der Teilnehmer:innen am Workshop begrenzt ist, wird um eine Anmeldung per Mail an Tanja Lübbers gebeten (tanja.luebbers@conceptk.org). Im Workshop wird Englisch und Deutsch gesprochen.

 

Autor

  • Jürgen Luga

    Jürgen Luga ist Bildungsredakteur und DesignThinking Coach. Im Team von conceptk ist er seit Februar 2021 Projekt- und Workshopleiter mit Schwerpunkt „New Work – New Learning“ im Kontext von Bildungs- und Verwaltungsarchitektur. In den vom ihm durchgeführten Beteiligungsprozessen dreht sich alles um die Nutzerbeteiligung und Bedarfsermittlung. Aktiv unterstützt und leitet er Projekte im Bereich Pädagogische Architektur und New Work in der kommunalen Verwaltung und im Immobilienmanagement. Dazu gehört die Schulentwicklung genauso, wie die Phase 0 für einen Rathausneubau oder den Umbau eines Verwaltungsgebäudes. Seine Arbeit umfasst bei Bedarf auch die Moderation von Öffentlichkeits- oder Entscheidungsprozessen auf Basis der erarbeiteten Studien und Projektergebnisse. Dabei ist seine langjährige Erfahrung als Redakteur und Moderator hilfreich.

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